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Wie intensiv sich der Mittel­stand mit der bAV beschäftigt

22.09.2017

Willis Towers Watson hat erneut die Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung in kleinen und mittleren Unternehmen untersucht – mit durchaus überraschenden Ergebnissen. Auch das Betriebsrenten-Stärkungsgesetz war Thema.

„Sorglos“ gehen kleinere und mittlere Betriebe in Deutschland mit der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) laut einer neuen Studie von Willis Towers Watson ganz und gar nicht um. „Besorgt“ sind sie dagegen schon – und daran haben auch die in jüngerer Zeit beschlossenen Maßnahmen des Gesetzgebers wie das Betriebsrenten-Stärkungsgesetz nichts geändert.

In einer aktuellen Studie von Willis Towers Watson, an der sich 47 kleine und mittlere Betriebe mit rund 85.000 Mitarbeitern beteiligten, wird dem Mittelstand attestiert, dass er mit den Herausforderungen der bAV sehr kompetent umgeht. „Von der angeblichen Sorglosigkeit, die Mittelständlern in diesem Zusammenhang oft vorgeworfen wird, ist hier keine Spur zu sehen“, wird festgestellt.

Dies zeige sich beispielsweise daran, dass inzwischen 43 Prozent der Betriebe, die sich bei ihrem bAV-Modell für spezifisch reservierte Vermögenswerte entschieden haben, eine „komfortable“ Deckungsquote von mehr als 75 Prozent aufweisen. In einer Studie vor zwei Jahren waren es erst 23 Prozent gewesen.

Rückdeckungs-Versicherungen dominieren

Zu dieser Gruppe zählen allerdings nur 45 Prozent der im August 2017 befragten Firmen. Dieser Wert hat sich damit in den vergangenen zwei Jahren kaum verändert.

Als Finanzierungsinstrument nutzen dabei 76 Prozent dieser – überwiegend kleineren – Mittelständler Rückdeckungs-Versicherungen. Das lässt laut Studie darauf schließen, dass vor allem Einzelrisiken aus hochwertigen einzelvertraglichen Zusagen an Führungskräfte sowie geschlossene Versorgungswerke auf diese Weise abgesichert sind.

Viele Betriebe denken an eine Neuausrichtung ihres Versorgungswerkes

55 Prozent der Unternehmen vertrauen dagegen nach wie vor darauf, die späteren Pensionszahlungen aus dem operativen Ergebnis erwirtschaften zu können. Sie setzen deshalb auf unternehmensinterne Pensionsrückstellungen. Das könnte laut Studie auch darauf beruhen, dass diese Verpflichtungen in der Gesamtbilanz dieser Betriebe keine allzu bedeutende Rolle spielen.

78 Prozent greifen bei ihrer Finanzplanung aber regelmäßig auf versicherungs-mathematische Prognosen zurück. Und – was auch (gesellschafts-) politisch bedeutsam ist – 52 Prozent der Unternehmen stellen insbesondere aufgrund des andauernden Niedrigzinsumfeldes derzeit strategische Überlegungen für eine Neuausrichtung des Versorgungswerkes an.

Erleichterung durch handelsrechtliche Änderung ohne nachhaltige Wirkung

Für 87 Prozent der befragten Unternehmen geht es dabei um die Frage einer Änderung des Versorgungswerkes im Hinblick auf die Gestaltung oder Finanzierung – oder gar um eine komplette Schließung. 2015 machten sich nur 77 Prozent der befragten Mittelständler solche Gedanken.

Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass durch die 2015 eingeführte Umstellung im Handelsrecht bei der Ermittlung des Rechnungszinses vom Sieben- auf den Zehn-Jahresdurchschnitt von 76 Prozent nur eine kurzfristige Entlastung erwartet wird, die langfristig ohne Wirkung bleibt.

Betriebsrenten-Stärkungsgesetz meist „noch nicht angekommen“

Weiteres Ergebnis: Das BRSG ist in den Unternehmen laut Studie „noch nicht angekommen“. 60 Prozent der befragten Mittelständler haben sich nach eigenen Angaben mit dessen Inhalten bisher noch gar nicht befasst. Für zehn Prozent sind sie schlicht zu kompliziert, und weitgehende Einigkeit herrscht laut Studie darüber, dass dieses Gesetz „die Welt der bAV noch komplexer macht“.

Eine Initiative zur schlankeren Umsetzung und Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung bringe es jedenfalls nicht. Die wäre nach Einschätzung der Unternehmen – nach der Absenkung des steuerlichen Rechnungszinses für Direktzusagen – zur Attraktivitäts-Steigerung aber besonders dringlich.

Nicht oder nicht ausreichend adressiert sehen sie außerdem die „Enthaftung“ von bestehenden bAV-Verpflichtungen sowie die Absenkung der Sozialversicherungs-Beiträge auf betriebliche Altersversorgungen in der Rentenbezugsphase. Bei 43 Prozent der befragten Betriebe wird sich nach deren Angaben wegen des Betriebsrenten-Stärkungsgesetzes daher nichts ändern.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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