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Massive Servicedefizite bei den Auto­versicherern

22.09.2017

In einer aktuellen Studie wurde die Servicequalität von Kfz-Versicherern untersucht. Die Ergebnisse sind für die Branche insgesamt erschütternd. Nur wenigen Anbietern wird ein „guter“ Service attestiert.

Die Servicequalität der Autoversicherer ist nach der „Studie Kfz-Versicherer 2017“ des Deutschen Instituts für Service-Qualität insgesamt nur „ausreichend“ (fünfstufige Skala, wie Schulnoten, nur ohne „ungenügend“). Die größte Schwachstelle ist der Service per E-Mail, die nur mit „ausreichend“ bewertet wurde. Mankos sind hier vor allem der hohe Anteile an unbeantworteten Mails sowie lange Bearbeitungszeiten. Der Telefonservice bekam ein „befriedigend“, die Internetauftritte ein „gut“. Am besten schnitt die S-Direkt ab, gefolgt von der Cosmos und der Huk-Coburg.

Für die „Studie Kfz-Versicherer 2017“ hat das Deutsche Institut für Service-Qualität GmbH & Co. KG (Disq) im Auftrag des Nachrichtensenders N-TV unter anderem den Kundenservice und die Kundenorientierung von insgesamt 29 Autoversicherern untersucht. Darunter waren 19 klassische und zehn Direktversicherer, die Befragung wurde zwischen Juni und August 2017 durchgeführt.

Untersucht wurden den Institutsangaben zufolge bundesweit tätige Unternehmen, denen eine relevante Marktbedeutung (gemessen an der Höhe der verdienten Bruttobeiträge in Kfz-Haftpflicht) zukommt und deren Angebot sich an Privatpersonen richtet. Dabei wurde auf die Erstversicherungs-Statistik der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) zurückgegriffen.

So wurde getestet

Die Servicequalität am Telefon und per E-Mail wurde dabei mit jeweils zehn Kontakten pro Versicherer getestet und bewertet, und zwar mit verdeckten Tests (Mystery Shopping). Dabei „verwendeten die geschulten Testkunden für die Anfragen per Telefon und E-Mail spezifische Rollenspiele mit Fragestellungen rund um Kfz-Versicherungen“, erläutert das Disq.

In den Rollenspielen ging es unter anderem um Informationen zum Versicherungsumfang der Teil- und Vollkaskoversicherung, um Fragen zu einzelnen Bestandteilen der Kfz-Versicherung (beispielsweise Erstattung von Schäden bei Unwetter, freie Werkstattwahl bei Reparaturen, Mallorca-Police und „Abzug neu für alt“) sowie um Informationen zum Ablauf eines Versicherungswechsels und zur Beitragszusammensetzung.

Darüber hinaus wurden pro Versicherer zehn Nutzerbetrachtungen der Websites vorgenommen und jeder Internetauftritt einer detaillierten Inhaltsanalyse unterzogen. Insgesamt beruht die Untersuchung damit auf fast 900 Testkontakten. Der telefonische Service wurde mit 50 Prozent gewichtet, der Internetauftritt und der E-Mail-Service mit jeweils 25 Prozent.

Riesige Schwachstellen bei der E-Mail-Bearbeitung

Das Ergebnis der Serviceanalyse ist für die Branche ernüchternd: Denn gab es im Vorjahr immerhin so gerade eben noch ein „befriedigend“ auf der selbst gewählten, fünfstufigen Notenskala (wie Schulnoten, nur ohne „ungenügend“), so reichte es aktuell nur für ein „ausreichend“. Auf der sechsstufigen Schulnotenskala würde die Benotung dann eher schon in Richtung „mangelhaft“ gehen.

Bild: Wichert

Am schlechtesten wurde der Service per E-Mail bewertet – hier reichte es erneut nur für die Note „ausreichend“. Eines der größten Mankos: Der Anteil der unbeantworteten E-Mail ist massiv von gut einem Viertel auf über 40 Prozent angestiegen. Institutsangaben zufolge gelang es neun der 29 getesteten Anbieter innerhalb des Testzeitraums nicht einmal, zumindest die Hälfte der E-Mail-Anfragen zu beantworten.

Weitere Kritikpunkte: In fast der Hälfte der E-Mail-Antworten wurde zu wenig individuell auf die Anfrage eingegangen, und in über einem Drittel der Fälle waren die Antworten unvollständig. Darüber hinaus monierten die Tester die „lange“ Reaktionszeit bei der E-Mail-Bearbeitung von im Schnitt fast 35 (2016: 30) Stunden.

Telefonservice nur so gerade eben „befriedigend“

Etwas besser kam bei den Testern der telefonische Service weg. Allerdings reichte es hier nur so gerade eben noch zu einem „befriedigend“. Auf der herkömmlichen Schulnotenskala entspräche dies dann wohl eher einem „ausreichend“.

Die Defizite fingen schon vor dem konkreten Gesprächsbeginn an: Bis zur Gesprächsannahme dauerte es im Schnitt nämlich annähernd 75 (2016: 58) Sekunden – auch aufgrund von Weiterleitungen, so die Tester. Als weitere Schwäche hebt das Disq hervor, dass es in fast der Hälfte der Telefonate unvollständige Antworten gegeben habe.

Auf der anderen Seite waren in über neun von zehn Fällen die Auskünfte der Mitarbeiter akustisch gut verständlich – und in mehr als drei von vier Telefonate traten die Gesprächspartner freundlich auf.

Internetauftritte relativ am besten bewertet

Am besten beurteilten die Testpersonen die Internetauftritte der Autoversicherer. Hier reichte es für ein „gut“, was auf der traditionellen Schulnotenskala aber eher in Richtung „befriedigend“ ginge. Als positiv hebt das Institut hervor, dass es jeweils auf rund 90 Prozent der Webseiten ein verständlich aufbereitetes Informationsangebot gegeben habe und die Seiten intuitiv navigierbar wie auch übersichtlich gewesen seien.

Negativ fiel den Testern auf, dass auf 21 von 29 Internetauftritten ein Glossar mit Fachbegriffen fehlte. Nur unwesentlich besser sieht es in Sachen Chat-Angebote aus, die auf 20 der Seiten nicht vorhanden waren. In 19 Fällen fehlten Informationen zum Vertragsabschluss.

Nur sechs Anbieter mit „gutem“ Service

Insgesamt bieten laut Disq nur sechs Anbieter (vier Direktversicherer und zwei klassische beziehungsweise Filialversicherer) einen „guten“ Service. Am besten schnitt die Sparkassen Direktversicherung AG (S-Direkt) ab. „Am Telefon vermittelten die souveränen und freundlichen Mitarbeiter die Informationen verständlich. Sie erteilten korrekte Auskünfte und berieten vergleichsweise individuell. Anfragen per E-Mail beantwortete der Anbieter sorgfältig“, so das Institut.

Dahinter folgt die Cosmos Versicherung AG mit mindestens einer „guten“, in Sachen E-Mail-Service sogar einer „sehr guten“ Bewertung. Auf den Rang drei bis sechs liegen die Huk-Coburg Versicherungsgruppe, die DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG (DA Direkt), die Europa Versicherung AG und die DEVK Versicherungen.

Bild: Wichert

Die „Studie Kfz-Versicherer 2017 – Mehr Transparenz – mehr Kundennähe“ kann gegen eine Schutzgebühr von brutto 476 Euro inklusive Mehrwertsteuer per E-Mail bei Markus Hamer erworben werden.

Die Untersuchung enthält neben der Serviceanalyse auch eine Analyse der Versicherungsprämien und -ausstattung von jeweils zwei Versicherungsprodukten (Basis- und Komfortprodukt) für je zwölf unterschiedliche Kundenprofile pro Unternehmen sowie eine Gesamtwertung.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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