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Zur Ver­si­che­rungs­pflicht von Be­reit­schafts­ärz­ten

22.06.2017

Die Gerichte müssen sich in der letzten Zeit immer häufiger mit der Frage der Sozialversicherungs-Pflicht von Selbstständigen und Freiberuflern befassen. So auch in einem vom Landessozialgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall.

Für Bereitschaftsärzte, die als Selbstständige im Nachtdienst eines Krankenhauses tätig sind, müssen in der Regel keine Sozialversicherungs-Abgaben abgeführt werden. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 23. Mai 2017 entschieden (L 11 R 771/15).

Der Entscheidung lag der Fall einer psychosomatischen Akutklinik zugrunde, welche mit neun Ärzten Rahmenverträge über den Einsatz als freie Mitarbeiter abgeschlossen hatte.

Streit um 20.000 Euro

Die Mediziner sollten an einzelnen Tagen jeweils von 17 bis acht Uhr des darauffolgenden Tages als Bereitschaftsarzt im Nachtdienst tätig sein. Dafür erhielten sie eine Einsatzpauschale von maximal 300 Euro. Während ihrer Dienstzeit waren keine angestellten Ärzte in der Klinik tätig. In dieser Zeit fanden auch keine Therapien statt.

Nach einer Betriebsprüfung gelangte die Deutsche Rentenversicherung zu der Einschätzung, dass die Bereitschaftsärzte dieselbe Tätigkeit ausüben würden wie ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen und faktisch in die Klinikorganisation eingebunden seien.

Es liege folglich eine abhängige und damit sozialversicherungs-pflichtige Tätigkeit vor. Deshalb sollte das Krankenhaus für vier Jahre rund 20.000 Euro an Sozialversicherungs-Beiträgen nachzahlen.

Niederlage in erster Instanz

Mit ihrer gegen den entsprechenden Bescheid eingereichten Klage hatte die Klinik zunächst keinen Erfolg. Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Freiburger Sozialgericht schloss sich der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung an und wies die Klage als unbegründet zurück.

Zu Unrecht, urteilte das von der Klinikleitung in Berufung angerufene baden-württembergische Landessozialgericht. Es gab der Berufung und somit der Klage statt. Die Richter kamen nach einer ausführlichen Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass es an wesentlichen Merkmalen einer sozialversicherungs-pflichtigen Tätigkeit der Bereitschaftsärzte fehle.

So gab es zum Beispiel kein Weisungsrecht der Klinik hinsichtlich der Dienstzeiten. Die zum Teil auch in eigenen Praxen tätigen Ärzte konnten vielmehr selbst bestimmen, an welchen Tagen sie eingesetzt werden wollten. Entsprechend wurden von der Klinik die Dienstpläne organisiert.

Keine therapeutische Tätigkeit

Anders als bei den angestellten Ärzten der Klinik, ging es bei den Bereitschaftsärzten auch nicht darum, therapeutisch tätig werden zu müssen. Ihre Tätigkeit erstreckte sich vielmehr ausschließlich auf eine basismedizinische Versorgung, welche anders organisiert werden konnte als der Klinikalltag.

Für den Fall psychischer Krisensituationen stand ein angestellter Facharzt des Krankenhauses in Rufbereitschaft zur Verfügung. Nur dieser führte erforderlichenfalls auch in den Nachzeiten Behandlungen durch.

Die Bereitschaftsärzte waren auch nicht in die tägliche routinemäßige Versorgung der Patientinnen und Patienten oder in die Klinikorganisation eingebunden. Zudem mussten sie anders als die fest angestellten Ärzte weder an Dienst- und Teambesprechungen noch an Weiterbildungen teilnehmen.

All das spricht nach Ansicht des baden-württembergischen Landessozialgerichts gegen eine Sozialversicherungs-Pflicht der Bereitschaftsärzte. Die Klinik ist daher weder dazu verpflichtet, für die Vergangenheit Beiträge nachzuzahlen, noch solche in Zukunft abzuführen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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