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Reformpläne zur europäischen Finanz- und Versicherungs­aufsicht

22.09.2017

Die EU-Kommission hat am Mittwoch Entwürfe für neue Aufsichtsregeln auf europäischer Ebene verabschiedet, die auch die Versicherungsaufsicht betreffen. Eine erste Reaktion des GDV fällt gemischt aus.

Die EU-Kommission peilt eine stärkere Vernetzung der Finanzaufsichtsbehörden und eine einheitliche(re) Anwendung des Solvency-II-Regelwerks in der Europäischen Union an. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßte die Pläne zwar grundsätzlich. Im Detail blieben aber noch einige Fragen offen.

Am Mittwoch hat die EU-Kommission Vorschläge für Änderungen am europäischen Finanzaufsichtssystem unterbreitet.

Unionsweite Aufsichtsprioritäten

Zu diesem System gehören neben dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) die drei sektoralen Aufsichtsbehörden: die Bankenaufsicht (Eba), die Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) und die Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa).

Grundsätzlich beabsichtigt die Kommission eine stärkere Vernetzung der Finanzmarktaufsicht. Die drei Aufsichtsbehörden „werden EU-weite Aufsichtsprioritäten festlegen, die Übereinstimmung der Arbeitsprogramme der einzelnen Aufsichtsbehörden mit den EU-Prioritäten sicherstellen und deren Umsetzung überprüfen“.

„Einspruch“ bei vermuteter Überschreitung der Befugnisse

Auch im Bereich der EU-Finanzaufsichtsbehörden („European Supervisory Authorities“, kurz Esa) soll es mehr Möglichkeiten zur Mitsprache geben.

So „werden interessierte Parteien die Kommission um Intervention bitten können, wenn sie mehrheitlich der Ansicht sind, dass die Esa bei Leitlinien oder Empfehlungen ihre Befugnisse überschritten haben“, wie es von der EU-Kommission heißt.

Stärkere Rolle für Eiopa im Zusammenhang mit Solvency II

Was die Eiopa im Speziellen angeht, so wird sie nach dem Willen der Kommission „verstärkt die einheitliche Validierung der internen Modelle fördern, die einige große Versicherungs-Unternehmen für die Berechnung der Solvenzkapital-Anforderung verwenden“. Dies soll „zur Überwindung der Fragmentierung beitragen und eine bessere Beaufsichtigung der großen grenzübergreifenden Versicherungsgruppen gewährleisten“.

Von Deutschland im Frühjahr laut einem Medienbericht ins Spiel gebrachte Vorschläge, die Versicherungs- mit der Bankenaufsicht zusammenzulegen, sind in den Plänen der EU-Kommission nicht zu finden.

Die Vorschläge der Kommission werden nun im EU-Parlament und im EU-Ministerrat erörtert. Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag als PDF-Dokument (616 KB; englisch, vorläufige Fassung) zum Herunterladen bereitgestellt. Einzelne Fragen und Antworten zu dem Thema sind auf einer gesonderten Webseite (englisch) abrufbar.

GDV zeigt sich teilweise skeptisch

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) begrüßte in einem ersten Statement die Entscheidung der EU-Kommission, „die Eigenständigkeit der drei europäischen Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden beizubehalten.“

Da damit das ausbalancierte System mit sektorspezifischen Verantwortlichkeiten von Eiopa, Eba und Esma bestehen bleibe, sei eine eigenständige und handlungsfähige Versicherungsaufsicht auch in Zukunft vorerst gesichert.

Die der Eiopa zugedachten erweiterten Aufgaben – etwa bei den internen Modellen – bedürften jedoch noch einer genauen Analyse. Hinsichtlich der Finanzierungsregelungen (geplant: 60 Prozent direkt über die Unternehmen, 40 Prozent über den EU-Haushalt) darf die notwendige Budgetkontrolle durch das Parlament nach GDV-Ansicht nicht geschwächt werden.

Skeptisch zeigte sich das GDV-Hauptgeschäftsführungs-Mitglied Axel Wehling zudem dahingehend, „ob die EU-Kommission bei der Reform der Governance der Esas tatsächlich den richtigen Weg eingeschlagen hat. Auch hätten wir uns eine stärkere Trennung der Rolle von Eiopa als Regulator auf der einen Seite und als Aufseher auf der anderen Seite gewünscht.“

Kritik von den Europa-Grünen

An diesen Punkten setzt auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold mit seiner Kritik an. Die geplante Begrenzung der Finanzierung auf 40 Prozent aus dem EU-Haushalt könnte „zu einem gefährlichen Interessenkonflikt führen“, so der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament.

Dass die EU-Kommission für sich das Recht in Anspruch nehme, von den Finanzaufsichtsbehörden ausgegebene Richtlinien wieder zurückzunehmen, steht nach Giegolds Ansicht „im Widerspruch zu ihrer Absicht, die Finanzaufsicht zu stärken. Lobbyisten verschiedener Interessengruppen erhalten dadurch Entscheidungsmacht ohne demokratische Legitimation.“

Auch aus Sicht des Verbraucherschutzes sei der Vorschlag der EU-Kommission enttäuschend, da die Reformen nicht genügten, um Investoren am Finanzmarkt einen besseren Deal zu ermöglichen, findet der Grünen-Europapolitiker.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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