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Wenn Son­der­zahl­ungen auf den Min­dest­lohn an­ge­rech­net werden

22.07.2016

Der Anfang 2015 eingeführte Mindestlohn sorgt immer wieder für Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. So auch in einem Fall, mit dem sich das Stuttgarter Arbeitsgericht zu befassen hatte.

Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind in der Regel Gehaltsbestandsteile, die bei der Berechnung eines Stundenlohns zu berücksichtigen sind. Das gilt nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10. März 2016 (11 Ca 6834/15) insbesondere dann, wenn die Sonderzahlungen monatlich mit dem Bruttogehalt erfolgen.

Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins erhielt die als Teilzeitkraft beschäftigte Frau ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von etwas mehr als 1.020 Euro. In diesem Betrag waren anteilige Sonderzahlungen für ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld enthalten.

Ohne diese Sonderzahlungen wäre der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nicht erreicht worden. Da es nach Ansicht der Arbeitnehmerin nicht statthaft ist, Sonderzahlungen auf den Mindestlohn anzurechnen, verlangte sie eine Gehaltsnachzahlung.

Als der Arbeitgeber dies ablehnte, zog die Frau vor Gericht. Ohne Erfolg. Das Stuttgarter Arbeitsgericht wies die Klage als unbegründet zurück.

Echte Gehaltsbestandteile

Nach Überzeugung des Gerichts sind insbesondere monatlich mit dem eigentlichen Bruttogehalt ausgezahlte Sonderzahlungen wie ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld echte Gehaltsbestandteile. Denn mit derartigen Zahlungen würden keine anderen Ziele als die Förderung der Betriebstreue beziehungsweise eine Unterstützung bei der Finanzierung des Erholungsbedürfnisses eines Beschäftigten verfolgt.

Würde durch solche Sonderzahlungen der Mindestlohn erreicht, so sei das nicht zu beanstanden. Das gilt nach Meinung des Gerichts auch dann, wenn ein Arbeitgeber wie im Fall der Klägerin ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich um „freiwillige Zahlungen“ handelt. Denn ein Arbeitgeber sei nicht dazu berechtigt, bereits gezahlte Beträge einseitig zu widerrufen.

Ähnliche Entscheidung

Das Arbeitsgericht Herne war im letzten Sommer in einem ähnlichen Fall zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangt.

Anders als ihre Stuttgarter Kollegen machten die Richter die Rechtmäßigkeit der Anrechenbarkeit allerdings davon abhängig, dass es sich bei den Sonderzahlungen um unwiderrufliche Ansprüche handelt.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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