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IDD kann Alters­ar­mut ver­schär­fen

08.12.2016

Am IDD-Referentenentwurf muss gearbeitet werden, meint Professor Dr. Matthias Beenken. Kritisch sei die Bevorzugung der Honorarberatung. Eine zusammen mit Assekurata Solutions erstellte Studie zu diesem Thema zeigt bedenkenswerte Ergebnisse.

Das deutsche Versorgungsniveau im Alter ist in den letzten Jahren gesunken – und liegt speziell bei Geringverdienern unter dem britischer oder niederländischer Rentenbezieher. In diesen beiden Nachbarländern sind Provisionen verboten. Doch eine Bevorzugung der Honorarberatung, wie sie jetzt auch im Referentenentwurf zur Umsetzung der IDD vorgesehen ist, löst laut einer Assekurata-Solutions-Studie die Probleme nicht.

Dier Assekurata Solutions GmbH hat gestern die Studie „Einfluss der Vermittlerregulierung auf die private Altersvorsorge der deutschen Bevölkerung“ veröffentlicht, die in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund und Junior-Professorin Dr. Sabine Wende von der Universität zu Köln erstellt wurde.

Drastischer Rückgang

Die Studie zeigt, dass die gesetzliche Altersvorsorge in Deutschland im Vergleich zu der niederländischen und teils auch der britischen weniger hoch absichert, die Deutschen die persönliche Beratung in der Altersvorsorge stärker nutzen, Provisionsmodelle bevorzugen und ihre Zahlungsbereitschaft bei der Honorarberatung deutlich unter den Erfordernissen liegt.

Und: Eine einseitige Bevorzugung der Honorarberatung würde der Studie zufolge das Angebot an Altersvorsorge in Deutschland verknappen. „So wie der Referentenentwurf zur IDD-Umsetzung ausgestaltet ist, müssten die Makler zwangsläufig Honorarberater werden, wollten sie nicht auf einen relevanten Teil ihrer Kunden verzichten“, sagt Studienautor Professor Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund. Auch von anderen Seite gibt es Kritik bis hin zu Widerstand.

Regulatorische Maßnahmen – wie etwa ein in der Studie angenommenes Provisionsverbot – würden die Zahl der hauptberuflichen Vermittler innerhalb von vier Jahren auf rund 95.000 fast halbieren, so die Studie.

Neben den betriebswirtschaftlichen Konsequenzen eines in der Studie angenommenen Provisionsverbotes für den Vermittler werden dabei der demografisch bedingte Vermittlerrückgang berücksichtigt und Daten aus einer früheren Studie aktualisiert.

Alle machen mit

Einige Details: Zwischen 2012 und 2014 hat sich die Netto-Ersatzquote (Verhältnis zwischen Nettorentenbezügen und Nettoeinkommen während der Erwerbstätigkeit) für einen Alleinstehenden deutlich vermindert. Der Rückgang fiel bei den Geringverdienern zwar kleiner aus, diese weisen im Vergleich mit den Niederlanden oder Großbritannien aber deutlich größere Lücken auf.

Bild: Assekurata Solutions
Nettoersatzquote: Nettorentenanspruch dividiert durch den Nettoarbeitsverdienst vor dem Renteneintritt (unter Berücksichtigung der von Arbeitnehmern und Rentnern auf das Erwerbs- und Renteneinkommen zu entichtenden Einkommensteuern und Sozialversicherungs-Beiträgen)
Zum Vergrößern Bild klicken (Bild: Assekurata Solutions)

Der Studie zufolge herrscht in den Niederlanden ein durchweg hohes Absicherungsniveau insbesondere auch für Geringverdiener, dem eine staatliche Grundversorgung und eine quasi-obligatorische betriebliche Altersversorgung (bAV) mit einem Opting-out zugrunde liegen.

In die Beiträge zur Grundversorgung werden alle Einkommensarten einbezogen. Zudem: Rund 30 Prozent des Aufkommens werden aus Steuermitteln finanziert – und die Arbeitgeber leisten keine Rentenbeiträge, sondern finanzieren einen Großteil der bAV.

Selbst vorsorgen

Vor diesem Hintergrund habe die private Altersvorsorge in Deutschland die höchste Bedeutung. So haben der Studie zufolge 78,3 Prozent der rund 750 befragten Deutschen über die staatliche und eine möglicherweise betrieblich verpflichtende Altersvorsorge bereits selbst Maßnahmen für das Alter ergriffen. In Großbritannien geben dies nur 52,2 Prozent, in den Niederlanden 43,8 Prozent an.

Hinzu kommt: „Generell bevorzugen die deutschen Verbraucher in Fragen der eigenverantwortlichen Altersvorsorge bis dato die persönliche Beratung. Versicherungsvermittler und Bankberater spielen hier eine signifikant größere Rolle als in den beiden anderen Ländern“, so Studienautor Markus Kruse, Geschäftsführer der Assekurata Solutions. 37 Prozent der Deutschen nennen den Vermittler als Anlaufstelle für die Beratung.

Vor allem Geringverdiener nähmen in Fragen der Altersvorsorge vermehrt die Unterstützung von Versicherungsmittlern in Anspruch, so Kruse. Während in Deutschland bei den Verbrauchern das Provisionssystem mit 43,0 Prozent den breitesten Zuspruch erhält, sind es in den Niederlanden und Großbritannien der Abschluss ohne persönliche Beratung im Internet mit 44 Prozent beziehungsweise 46 Prozent.

Kein Geld wert

In allen drei Ländern ist vielen der Befragten die Beratung in Sachen Altersvorsorge nicht das wert, was die Befragten vermuten, was sie kostet. Besonders im deutschen Markt weichen die individuelle Wertigkeit und der vermutete Preis stark vom gegenwärtigen Honorarniveau, so Kruse. Dies gilt nicht zuletzt speziell für die deutschen Geringverdiener.

Bild: Assekurata Solutions
Individuelle Wertigkeit und geschätzter Preis für 1 Stunde Altersvorsorgeberatung
Zum Vergrößern Bild klicken (Bild: Assekurata Solutions)

„Die Kosten für eine Stunde Honorarberatung in Deutschland können mit rund 150 Euro angesetzt werden“, meint Kruse. „Auch das staatlich subventionierte Beratungsangebot der Verbraucherzentralen liegt im Preis für eine Stunde Beratung je nach Bundesland erkennbar über der individuellen empfundenen Wertigkeit.“

Als Beispiele werden eine Stunde persönliche Versicherungsberatung in Nordrhein-Westfalen mit 80 Euro beziehungsweise eine Stunde Geldanlage- und Altersvorsorgeberatung mit rund 110 Euro benannt.

Vor diesem Hintergrund halten die Autoren es für ein „schwieriges Unterfangen, die Honorarberatung auf dem deutschen Markt zu verbreiten“. Zudem weisen sie darauf hin, dass die Briten im Hinblick auf die durch das Provisionsverbot entstandene Unterversorgung aktuell nach neuen Lösungsmöglichkeiten suchen. Die Studie kann unter diesem Link zum Preis von 178,50 Euro inklusive Mehrwertsteuer bestellt werden.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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