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Wenn die Ren­te nach dem Tod jahr­zehn­te­lang wei­ter­ge­zahlt wird

26.04.2017

Vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ist ein Fall verhandelt worden, in dem es um die Rückzahlung der Unfallrente eines bereits vor langer Zeit Verstorbenen ging.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche eines gesetzlichen Unfallversicherungs-Trägers auf Rückzahlung einer zu Unrecht gezahlten Rente beginnt erst ab jenem Zeitpunkt zu laufen, ab dem der Versicherer Kenntnis davon hatte, dass er nicht länger zahlen musste. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. März 2017 hervor (L 16/3 U 58/14).

Der Entscheidung lag die Klage einer Frau zugrunde. Diese hatte sich dagegen zur Wehr gesetzt, als Tochter eines Verstorbenen für die Rückzahlung einer lange Jahre zu Unrecht gezahlten Verletztenrente in Anspruch genommen zu werden.

166.000 Euro zu viel

Der im Jahr 1975 verstorbene Vater der Klägerin hatte seit einem Baustellenunfall im Jahr 1962 eine Rente des Gemeindeunfall-Versicherungsverbandes Hannover erhalten. Vereinbarungsgemäß überwies der Verband zuletzt einen Betrag in Höhe von 510 Euro pro Monat auf ein Postsparbuch der Ehefrau des Verstorbenen.

Dass der Vater der Klägerin schon vor mehreren Jahrzehnten verstorben war, erfuhr der gesetzliche Unfallversicherungs-Träger erst, als deren Mutter in einem Pflegeheim untergebracht worden war und die Klägerin dem Versicherer eine Generalvollmacht vorlegte.

Der Träger ermittelte daraufhin eine Überzahlung von 166.000 Euro, von denen er für die letzten vier Jahre knapp 25.000 Euro vom Postsparbuch zurückholen konnte. Wegen der Rückzahlung des restlichen Betrages setzte er sich mit der Tochter des Verstorbenen in Verbindung.

Diese löste daraufhin unter Vorlage ihrer Generalvollmacht das Postsparbuch ihrer Mutter auf und überwies das Restguthaben in Höhe von 129.000 Euro auf ein Konto eines anderen Geldinstituts.

Unbegründete Forderung?

Die Forderung des gesetzlichen Unfallversicherungs-Trägers, ihm den restlichen überzahlten Betrag in Höhe von 141.000 Euro zu überweisen, hielt die Klägerin für unbegründet. Sie berief sich darauf, dass die Forderung längst verjährt sei. Der Träger müsse sich im Übrigen bei der Postbank als kontoführendes Kreditinstitut schadlos halten und nicht bei ihr.

Doch dem wollten sich weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Lüneburger Sozialgericht noch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anschließen. Beide Instanzen wiesen die Klage der Tochter gegen den Rückzahlungsbescheid des gesetzlichen Unfallversicherungs-Trägers als unbegründet zurück.

Die Behauptung der Klägerin, trotz ihrer Generalvollmacht weder Empfängerin der Zahlungen gewesen zu sein, geschweige denn über sie verfügt zu haben, wurde insbesondere durch eine Aussage der Postbank widerlegt.

Denn diese hatte nachweisen können, dass es die Klägerin war, welche das Sparkonto, auf welches die Rentenzahlungen erfolgten, aufgelöst und die Überweisung des sechsstelligen Guthabens auf das Konto bei einem anderen Geldinstitut veranlasst hatte.

Weit gefasster Rechtsbegriff

Nach Ansicht der Richter ist die Klägerin daher als sogenannte „Verfügende“ und somit als Zahlungspflichtige gegenüber dem Unfallversicherungs-Träger im Sinne von § 96 Absatz 4 SGV VII anzusehen.

„Der Rechtsbegriff ist weit gefasst und löst eine verschärfte Haftung aus, die dem Schutz der Beitragszahler dient“, so das Gericht. Aus diesem Grund würden auch keine vorrangigen Rückzahlungsansprüche des gesetzlichen Unfallversicherungs-Trägers gegenüber der Postbank zum Tragen kommen. Mögliche Ansprüche würden vielmehr auch auf Erben eines Zahlungsempfängers übergehen.

Nach Überzeugung des Gerichts sind die Ansprüche des Versicherers auch nicht verjährt. Denn die Verjährungsfrist für Ansprüche eines gesetzlichen Unfallversicherungs-Trägers auf Rückzahlung einer zu Unrecht gezahlten Rente beginnt erst ab jenem Zeitpunkt zu laufen, ab dem der Träger Kenntnis davon hatte, dass er nicht länger zahlen musste.

Das Landessozialgericht hat die Akten an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Diese hat nun eine mögliche Strafbarkeit der Klägerin zu prüfen.

Quelle: VersicherungsJournal Verlag GmbH

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